Berührungspunkte
Der Engel, der wie ein Mensch aussah, berührte mich noch einmal und gab mir dadurch Kraft. (Daniel 10, 8)
vom , verfasst von Konstanze Eymann

Berührungspunkte – ist das Thema dieser Ausgabe. In Coronazeiten haben wir alle erfahren, wie enorm wichtig Berührungspunkte für uns sind. Wir brauchen körperliche Berührungspunkte, z.B. sich einander die Hand zu schütteln oder sich zu umarmen. Die Nähe eines Menschen tut gut und ist sogar überlebenswichtig. Ein schreiendes Baby beruhigt sich am schnellsten, wenn es in den Arm genommen wird. Unser Schmerzempfinden verringert sich, wenn uns ein nahestehender Mensch die Hand hält. Wir werden ruhiger, wenn wir ein Tier auf unserem Schoß streicheln. Bei Berührung stößt unser Körper Botenstoffe wie Dopamin und Oxytocin aus, die unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit befördern. Aber auch soziale Berührungspunkte, wie miteinander am Tisch zu sitzen oder einander zu begegnen, sind für uns als soziale Wesen wichtig. Bei Jesus spielen sowohl körperliche und als auch soziale Berührungspunkte eine sehr große Rolle. In vielen Geschichten lesen wir, dass Jesus Kranke mit seinen Händen berührte, um sie zu heilen. Jesus hat mit anderen gegessen und ist ihnen im Gespräch begegnet. In all diesen biblischen Geschichten wird klar: Berührung tut gut. Sie hilft anderen zu einem heilsameren Leben.
Berührung geschieht dabei äußerlich, auf der Haut. Aber auch innerlich, im Herzen, können wir angerührt werden. In unserer Gesellschaft hat jedoch die Einsamkeit stark zugenommen. Alle Altersgruppen sind von Einsamkeit betroffen. Ich musste neulich daran denken, als ich im Zug saß und alle um mich herum mit Kopfhörern in ihre mobilen Endgeräte schauten und kein einziger mit jemandem redete. Das große Thema Einsamkeit wird an einem Abend im September in Cotta thematisiert.
Ich sehe unsere Kirchgemeinden als Punkte in der Gesellschaft, um miteinander in Berührung zu kommen, anderen zu begegnen und selbst innerlich berührt zu werden. Menschen, aber auch Orte in unseren Gemeinden, bieten Berührungspunkte, wie zum Beispiel der Annenfriedhof. Mich berühren immer wieder Kirchenräume, selbst wenn ich sie schon lang kenne. Mich hat die Kerzenlicht-Atmosphäre der Briesnitzer Kirche in der Advents- und Weihnachtszeit berührt oder die illuminierte Friedenskirche zu ihrem Jubiläum. Immer wieder werde ich neu von Musik in unseren Kirchen berührt.
In mir steckt eine große Sehnsucht, im Glauben von Gott berührt zu werden, mit Gott in Berührung zu kommen. Ich fand es schon als kleines Kind berührend, beim Segen durch den Pfarrer seine Hand auf meinem Kopf zu spüren und dazu etwas Gutes zugesprochen zu bekommen. Gesegnet zu werden, das rührt mich bis heute äußerlich und innerlich an. Es macht den Glauben ein stückweit leiblich erfahrbar. Ebenso finde ich es innerlich und äußerlich berührend, wenn wir uns vor dem Abendmahl die Hände reichen und einander zusprechen „Friede sei mit dir.“
Als ich einmal niedergeschlagen war, bekam ich diesen Bibelvers geschenkt: Der Engel, der wie ein Mensch aussah, berührte mich noch einmal und gab mir dadurch Kraft. (Dan 10,18). Der Vers hat meine Seele berührt und mich daran erinnert, dass Gott immer wieder Wege sucht, uns Beistand und Kraft zu schenken. Lassen Sie sich einladen und berühren in unseren Gemeinden, und werden Sie zum Berührungspunkt für andere.
Friede sei mit dir!
Konstanze Eymann
Pfarrerin im Kirchspiel Dresden West