Ehre das Alte und schaffe Neues aus ihm
Das Partnergrabfeld "Lichtgestalt" auf dem neuen Annenfriedhof
vom
Weithin zu sehen und vielfach bestaunt, stehen seit zwei Jahren 15 Skulpturen auf dem Neuen Annenfriedhof, zu denen jüngst weitere zehn hinzukamen. Klein, groß, langhaarig, bärtig, plump, elegant, teils traurig oder unverzagt, verschlossen oder herzlich, anderen zugewandt oder in sich gekehrt, in Gesellschaft oder einsam wirkend. Die Eindrücke variieren nicht nur zwischen den Skulpturen, sondern auch zwischen denen, die sie betrachten. Mit zunehmender Alterung und Patinierung werden sich auch die Eindrücke verändern, so wie sich die Erinnerungen an die Verstorbenen und die Trauer der Hinterbliebenen verändern wird, die diesen Platz besuchen. „Lichtgestalt“ ist der Name des gestalterisch einzigartigen Grabfelds.
Friedhofsverwalterin Lara Schink lieferte die Idee und entwickelte die Grabbepflanzung mit ihrem Team, das diesen Bereich angelegt hat und aktuell erweitert. Die Herstellung und detaillierte Gestaltung der Skulpturen erfolgte durch den Steinmetzbetrieb Geith. Die Pflege übernimmt der Friedhof. Doch im Gegensatz zu vorigen Gemeinschaftsgräbern können hier auch Grabstellen reserviert, verlängert und pro Grab bis zu zwei Urnen beigesetzt werden. Ab 2025 sind auch Sargbestattungen vorgesehen. Das Grabfeld soll mit seiner künstlerischen Gestaltung einen Gegenpol bilden zur anonymer werdenden Bestattungskultur in Deutschland. Unter anderem hat die hohe Nachfrage nach Bestattungsangeboten wie „Grüner Wiese“ und Bestattungswald viele Friedhöfe leer werden lassen, so auch den Neuen Annenfriedhof. Auch die individuelleren Grabarten sind in den letzten Jahren kleiner geworden und selten werden Grabmale ausgesucht, die viel mehr sind als ein reines Namensschild. „Während wir heute vor den historischen Grabmalen stehen und über die Zeugnisse vorangegangener Generationen staunen, hinterlässt unsere heutige Bestattungskultur fast keine Spuren mehr für die Nachwelt. Das finde ich bedrückend.“, so Lara Schink. Das Grabfeld sollte deshalb eines sein, von dem etwas bleiben wird, das den Neuen Annenfriedhof auch in Zukunft noch gestalterisch prägen wird.
Zur Frage, ob die „Lichtgestalten“ die Verstorbenen oder die Hinterbliebenen repräsentieren, meint Lara Schink: „Das kann man sehen, wie man will! Erst waren sie eher als Repräsentanten der Verstorbenen gedacht; für die Angehörigen zur Zwiesprache. Aber auch der Gedanke, dass die Gruppe symbolisch um alle dort Beigesetzten trauert, gefällt mir sehr. Wer dort bestattet ist, ist nie ganz allein.“
Skulpturale Trauernde haben auf Grabstätten gestalterisch Tradition und sind auch auf dem Neuen Annenfriedhof zu finden. So greift das Grabfeld letztlich traditionelle Ideen auf und interpretiert sie modern, getreu nach dem Erlwein-Zitat:
„Ehre das überlieferte Alte und schaffe Neues aus ihm.“
Lara Schink
Friedhofsverwalterin