Ein Friedhof wandelt sich

150 Jahre Neuer Annenfriedhof

vom , verfasst von Lara Schink

Es ist der 23. Juni 1875. Auf einer Ackerfläche an der Wilsdruffer Chaussee im landwirtschaftlich geprägten Dorf Löbtau wird ein neuer Friedhof geweiht: Der Neue Annenfriedhof.

Der zur Zeit seiner Erbauung größte Friedhof in der Umgebung ist etwas ganz Besonderes: Erstmals für den Großraum Dresden wurde die Gestaltung nach gartenkünstlerischen Kriterien durchgeführt (Gartenarchitekt: Max Bertram). Die einladenden Alleen und der monumental gestaltete Eingangsbereich des Friedhofs (Architekt: Robert Wimmer) beeindrucken bis heute und ziehen viele Menschen täglich an – von nah und fern.

Mit der Erbauung ihres rund 11 Hektar großen vierten Friedhofs hoffte die Annengemeinde, endlich eine dauerhafte Ruhestätte für die Gemeinde zu schaffen, nachdem bereits zwei der drei Vorgängerfriedhöfe wegen Überfüllung geschlossen werden mussten und sich auch die Kapazität des heutigen Alten Annenfriedhofs rasch als zu gering erwies.

Der Neue Annenfriedhof war ursprünglich eingefriedet von einer dreireihigen Weißdornhecke, und die Ahorn- und Lindenalleen sollten schon damals auch Nichttrauernde zum Flanieren einladen. Das Hauptgebäude, im Stil italienischer Camposanto-Architektur der Neorenaissance gestaltet, ist reich verziert mit Reliefs und Ornamenten, und in den Gruftarkaden stehen Skulpturen, unter anderem von Johannes Schilling und Robert Henze geschaffen. Nur der zentrale Kuppelbau, in dem sich einst die Feierhalle befand, ist 1945 eingestürzt und fehlt sichtlich im Zentrum des Gebäudeensembles. Stattdessen fällt der Blick heute durch die Lücke auf das Grün der eindrucksvollen Alleen und auf eine Christus-Skulptur.  

Heute heißt die Wilsdruffer Chaussee „Kesselsdorfer Straße“ und auch sonst hat sich einiges verändert: Löbtau ist rasch gewachsen, vom kleinen Dorf zum dicht besiedelten Stadtteil. Im Gegenzug dazu ist der einstmals mit Gräbern voll belegte Friedhof leer geworden. Besonders der Bereich „Friede und Hoffnung“ gibt Auskunft über diese Entwicklung: 1897 war die rund 3,5 Hektar große Fläche als eigener Friedhof der Friedens- und Hoffnungskirchgemeinde, angrenzend an den Neuen Annenfriedhof, angelegt worden – heute ist dieser Streifen ebenso beschränkt geschlossen wie der Südteil des Neuen Annenfriedhofs. Ein wesentlicher Grund: das veränderte Bestattungsverhalten in der heutigen Gesellschaft.

Der Friedhof scheint als Friedhof im Stadtteil nicht mehr so sehr gebraucht zu werden, umso mehr aber als Naherholungsraum, „Grüne Lunge“, Lebensraum für Tiere und Pflanzen und als kostenloses Freiluftmuseum. Kostenlos ist dabei, wohlgemerkt, zwar der Besuch, jedoch leider nicht die Instandhaltung: Durch fehlende Einnahmen aus den grabfreien Flächen braucht der Friedhof die Unterstützung von Menschen aus der Nachbarschaft – praktisch durch Hilfe bei der Pflege oder aber durch Spenden, die der Friedhofsverwaltung erlauben, die vielen Denkmale auch zukünftig zu erhalten.

Zu seinem 150-jährigen Geburtstag hat der Neue Annenfriedhof mit Fördermitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ein ganz besonderes Geschenk erhalten: So können dank der Förderung Teile des Hauptgebäudes saniert werden, darunter die seit Jahrzehnten abgesperrte Ostterrasse. Der Bereich „Friede und Hoffnung“ wird zum Park und der dortige Schuppen zum Begegnungsraum mit eigener Küche umgestaltet. Der Neue Annenfriedhof verwandelt sich – wie er wohl in weiteren 150 Jahren aussehen wird?

Lara Schink
Friedhofsverwalterin
Verband der Annenfriedhöfe Dresden
www.annenfriedhof-dresden.de

  • Friedhofsführung – Lichtgestalt und Hoffnungsschuppen
    Rundgang über den Neuen Annenfriedhof mit Friedhofsverwalterin Lara Schink zur Geschichte des Gartendenkmals sowie zur Zukunft des Friedhofes. Die Führung ist kostenlos – für den Denkmalerhalt wird um eine Spende gebeten.
    Sonntag, 8. Juni,
    15:00 Uhr Löbtau, Neuer Annenfriedhof
    Treffpunkt: Haupteingang, Kesselsdorfer Str.

Engagement gefragt

Auch wenn die Kernaufgaben über Gebühren finanziert werden, ist der Friedhof für den Erhalt der Anlagen auf ehrenamtliches Engagement (annenfriedhoefe.dresden@evlks.de) und Spenden angewiesen.
Verband der Annenfriedhöfe Dresden • IBAN: DE52 3506 0190 1613 2400 19