Gedanken und Musik zur Jahreslosung
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Seit mehr als 90 Jahren steht über jedem Jahr ein Bibelspruch als Leitvers. Die erste Jahreslosung lautete 1930: „Ich schäme mich des Evangeliums von Jesus Christus nicht.“ (Römer 1,16) Ausgewählt hatte sie der württembergische Pfarrer und Liederdichter Otto Riethmüller (1889-1939). Er gehörte während der Zeit des Nationalsozialismus der Bekennenden Kirche an, jener Oppositionsbewegung evangelischer Christen, die sich gegen die Gleichschaltung durch das Naziregime wehrte. Sein Anliegen war es, den NS-Schlagworten Bibelverse entgegenzustellen. Seit 1970 wird die Jahreslosung von der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB) ausgesucht, deren 24 Mitgliedsverbände dafür Vorschläge einreichen.
„Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lukas 6, 36)
So lautet die Losung für das Jahr 2021. Sie ist der sogenannten Feldrede im Lukasevangelium entnommen, in der Jesus seine Lehre verkündet. Sie bildet eine Parallele zur bekannteren Bergpredigt bei Matthäus.
Über diesem Jahr steht also ein Aufruf zur Barmherzigkeit in einer Welt, die oft das Ganze Gegenteil dessen darstellt. Vielleicht mag die Jahreslosung so auf den ersten Blick wie eine hohle Fassade wirken. Doch in einer Zeit, die angesichts zunehmender Konflikte, sozialer Kälte und Misstrauen geradezu nach Barmherzigkeit schreit, in der die Unterschiede zwischen arm und reich immer größer werden und gerade jetzt auch hierzulande Angst und Unsicherheit wachsen, ist dieser Spruch aus dem Lukasevangelium aktueller und drängender denn je. Es kommt darauf an, wie jeder Einzelne diese Jahreslosung versteht und sie mit Leben zu füllen vermag. Was hinter dem Spruch für 2021 steckt und wie er verstanden werden kann, ist unter folgendem Link nachzulesen:
www.evangelisch.de/inhalte/178659/01-01-2021/jahreslosung-2021-bibel-herz-des-vaters-schoss-der-mutter-wo-wohnt-die-barmherzigkeit
Wie können wir im Sinne dieses Bibelverses aus dem Lukasevangelium durch das Jahr 2021 gehen? Eine Betrachtung dazu von Landesbischof Tobias Bilz findet sich unter folgendem Link, ebenso ein musikalischer Neujahrsgruß der Arbeitsstelle Kirchenmusik sowie Noten zu einem Jahreslosungskanon von Landeskirchenmusikdirektor Markus Leidenberger.
https://www.evlks.de/aktuelles/jahrlosung-2021/
Weitere Kanons zur Jahreslosung finden sich auf der folgenden Seite:
https://www.kirchenmusikliste.de/
Vielleicht kann uns das Lied „Vertraut den neuen Wegen“ ermutigen, im Sinne der Jahreslosung in dieses Jahr aufzubrechen. Es findet sich im Evangelischen Gesangbuch unter der Nr. 395. Der Text stammt von dem Praktischen Theologen, Dichter und Buchautor Klaus-Peter Hertzsch. Geschrieben hat er ihn 1989, in einer Zeit, die hierzulande vom Aufbruch geprägt war. Ursprünglich für eine Hochzeit geschrieben, wurde das Lied wenige Tage nach dem Mauerfall zum Abschluss der Jenaer Friedensdekade gesungen. Es hat in der Wendezeit einen wichtigen Platz eingenommen und ist mittlerweile zu einem kirchlichen Bestseller geworden. Hier eine Mitsingfassung mit Text und Orgelbegleitung:
https://youtu.be/zE56JCx0zGQ
Der Kirchenmusiker und Komponist Manfred Schlenker hat dem Landesjugendchor Thüringen und seinem Leiter Nikolaus Müller im Juli vergangenen Jahres eine Motette auf den Liedtext „Vertraut den neuen Wegen“ gewidmet. Die Uraufführung dieses Stückes kann man hier hören und sehen:
https://youtu.be/HFi_xVPBfTI
Vertrauen wir darauf, dass Gott uns im Sinne der Jahreslosung auf die richtigen Wege führen wird. So heißt es in der 2. Strophe dieses Liedes:
„Vertraut den neuen Wegen
und wandert in die Zeit!
Gott will, dass ihr ein Segen
für seine Erde seid.
Der uns in frühen Zeiten
das Leben eingehaucht,
der wird uns dahin leiten,
wo er uns will und braucht.“
Viele Grüße
Kantor Gerd Heubaum