Im Auf und Ab des Lebens

Schritt für Schritt mit Gott

vom

Foto: Lotz | gemeindebrief.de

Liebe Gemeinde und Freunde von „Frieden und Hoffnung“,

auf dem Titelbild sehen Sie eine Treppe. Sie symbolisiert das Auf und Ab des Lebens. Mal geht es leicht und beschwingt treppab, mal mühsam bergauf. Die Herbstblätter darauf erinnern an Abschied.

Denn es ist auch für mich die Zeit gekommen um Abschied von “Frieden und Hoffnung” zu nehmen. Fast neun Jahre lang war ich hier als Pfarrerin tätig. Auch mein Mann Frieder und unsere beiden Kinder Josephine und Arthur haben sich in „Frieden und Hoffnung“ gern und oft engagiert, und die Gemeinde wurde für uns als Familie auch ein Zuhause. Viele Menschen sind uns hier über die Jahre an die Herzen gewachsen.

Diese Zeilen reichen nicht, um alles einzeln zu benennen, was mich in fast neun Jahren “Frieden und Hoffnung” an Auf und Ab bewegt hat. In freudiger Erinnerung behalte ich unzählige Gottesdienste - und Kasualfeiern, Besuche, Gemeindekreisstunden, viele Krippenspiele, fröhliche Sommerfeste und Dankeschönabende. Die Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen und mit den vielen Ehrenamtlichen habe ich als ein gutes Miteinander erfahren dürfen. Manche Begegnungen und Gespräche haben mich nachhaltig geprägt. Ich danke Euch für alle persönliche Anteilnahme und Gebete. Und ich bitte all diejenigen um Vergebung, die ich vielleicht – ohne es jemals zu wollen – verletzt haben sollte.
Ganz besondere Freude bereitete es mir, dass ich hier immer wieder Neues sehr frei und kreativ ausprobieren durfte. So rief ich vor acht Jahren unseren Öffentlichkeitsarbeitskreis mit ins Leben. Ein Jahr organisierte ich ein Erntekranzbinden in der Hoffnungskirche. Pandemiebedingt wagte ich allererste Versuche im Digitalen auf Instagram und mit gefilmten Andachten und Gottesdiensten. Ich erprobte verschiedenste Gottesdienstformate wie mehrere Abendgottesdienste „Kraftworte und Klanglichter“ aber auch Literaturgottesdienste, Popgottesdienste und zwei groß geplante Musicalgottesdienste mit den Pommerschen Engelspierken. Auch wenn sich nicht alles von meinem Ausprobieren und meinen Ideen langfristig in der Gemeinde etablieren konnte, so bin ich wirklich sehr dankbar für den großen Gestaltungsfreiraum, den ich hier immer wieder fand und dass Gott mir immer wieder Lust und Kreativität dafür schenkte.

Natürlich gab es auch immer wieder sehr mühsame „Treppaufzeiten“. In meine Jahre vor Ort fielen eine Gemeindepädagogenvakanz, zwei Kantorenvakanzen und zwei Pfarrvankanzen. Damit das Gemeindeleben trotz Personallücken gut weiterlaufen konnte, gehörte es oft auch mit zu meinen Aufgaben, die anfallende Arbeit entweder zusätzlich mit zu übernehmen, oder Ersatz zu organisieren, was nicht immer leicht war. Dazu kamen sehr zehrende private Anstiege, wie meine eigene schwere Krebserkrankung und die zweijährige Krebserkrankung meines Mannes, an der er im Februar dieses Jahres leider verstarb. Ich bitte und danke Gott, dass er mir immer wieder die Kraft schenkt, mit all dem weiter zu leben und zu glauben.
Für mich ist nun die Zeit gekommen weiterzugehen. Es ist nur verständlich, dass wir als Familie nach all dem Schweren und mit unseren schmerzlichen Erinnerungen an unseren Frieder für uns einen Neuanfang suchen und brauchen. Der Abschied aus der Gemeinde ist für mich zugleich ein Abschied von unserem bisherigen Familienleben.

Am 18. September werde ich im Gottesdienst um 15:00 Uhr von Superintendent Behr aus Frieden und Hoffnung verabschiedet. Mit der Stelle wechsle ich zugleich den Kirchenbezirk, ich werde am 1. November im Kirchenbezirk Freiberg im Kirchgemeindebund Wildruff-Freital mit Dienstsitz in Pesterwitz als Pfarrerin tätig sein. Ich hoffe und wünsche, dass es hier vor Ort gut weitergehen wird. Das Landeskirchenamt will einen Pfarrer oder eine Pfarrerin in unsere Gemeinde entsenden und auch zwei neue Kantoren mit 70 Prozent B hat unser Kirchspiel bereits bekommen.

Man spricht von der Himmelstreppe wenn Menschen sterben und zu Gott gehen. Ich denke, so eine Himmelstreppe gibt es nicht nur am Ende des Lebens. Auch ist so eine Himmelstreppe kein Ort auf der Landkarte, sondern eine Erfahrung des Herzens: Da ist mir Gott begegnet. In manchen Zeiten fühle ich Gott nah in mein Herz hinabsteigen, andermal scheint Gott weit entfernt, wie ganz fern oben auf einer Treppe. In solchen Zeiten sind für mich Gebete, Lieder oder Bibeltexte wie Treppenstufen, um Gott wieder näher zu kommen.
In der Bibel kommt auch eine Himmelstreppe vor, die so genannte „Jakobsleiter“. In Genesis 28 lesen wir, wie Jakob vor seinem Bruder aus seiner Heimat fliehen muss - ein gewaltiger Abstieg in seinem Leben. Auf seiner anstrengenden Flucht dient ihm nachts nur ein Stein als Kopfkissen. Und Jakob träumte wörtlich im Hebräischen von „Sullam“, was eben mit Leiter oder Treppe übersetzt werden kann. Diese Treppe verbindet den Himmel mit der Erde. Engel bewegen sich darauf auf und ab. Und Gott selbst ist dort bei Jakob und ermutigt ihn, dass er ihn - trotz allen Schwierigkeiten - behütet. Gott zeigt sich in dieser Geschichte als ein wirklich jeden Weg mitgehender Gott.
Gott sagt Jakob - und auch uns: „Und siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst.“

Ich wünsche Euch/Ihnen allen eine bleibende Herzenstreppe zu Gott und der Kirchgemeinde “Frieden und Hoffnung” in allem Auf und Ab den Zuspruch und Segen unseres mitgehenden Gottes.

Ich würde mich sehr freuen, mich am 18. September von vielen vertrauten Gesichtern verabschieden zu dürfen.

Eure/Ihre Pfarrerin Konstanze Eymann